Der Hintergrund

Der Emder Hafen, Ostfriesland, das Königreich Hannover und Preußen.

Emden01Die Stadt Emden, an der Ems mit direktem Zugang zur Nordsee gelegen, hatte im 16. Jahrhundert eine Blütezeit durchlebt. Nach div. politischen Wirren hatte sie mit Hilfe von Holland de facto die Stellung einer freien Reichsstadt erlangt. (Dadurch wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts niederländisch zur Standardsprache des gehobenen Bürgertums in Emden). Der Wohlstand ergab sich zweifellos durch den Hafen mit der Lage zur offenen See und dem daraus resultierenden Seeverkehr, der wiederum die angeschlossenen Handelsbeziehungen förderte. Während dieser Zeit war die Stadt Emden an der Ausbringung und Pflege der Seezeichen auf der Unter-Ems maßgeblich beteiligt und hat dies für damalige Verhältnisse vorbildlich aufrechterhalten. Auch der alte Leuchtturm auf Borkum gehörte zu diesem Konzept.

Zitat: (aus dem Online-Lexikon “Wikipedia”)
Nach der Schlacht von Jena im Jahre 1806 fiel Ostfriesland an Frankreich und wurde als Departement in das Königreich Holland eingegliedert. Nach der Niederlage Napoleons und des Zusammenbruchs seiner Herrschaft, kam es in den Jahren 1813-1815 erneut zum Einzugs Preußen in Ostfriesland. Die Hoffnungen Ostfrieslands preußisch zu bleiben, wurden jedoch mit dem Wiener Kongress 1814/15 enttäuscht. Nach dem Abtreten Napoleons sollte in Wien eine neue territoriale Ordnung Europas begründet werden. Preußen wurde ein Teil des Großherzogtums Warschau, nämlich Posen, zugesprochen. Außerdem erhielt Preußen noch Vorpommern, Westfalen und die Rheinprovinz, musste Ostfriesland jedoch an das Königreich Hannover abtreten. Federführend hierbei war England, das die Festsetzung Preußens an der Nordseeküste verhindern wollte. Dazu heißt es in Artikel 27 der Schlussakte des Wiener Kongresses: "Der König von Preußen tritt an den König von Großbritannien und Hannover das Fürstentum Ostfriesland ab unter den Bedingungen, die im Artikel 5 über die Emsschiffahrt und den Handel im Emdener Hafen gegenseitig festgelegt sind. Die Stände des Fürstentums werden ihre Rechte und Privilegien behalten." Die dann folgende Zeit war geprägt von Stillstand und teilweisem Rückschritt. Deshalb waren die Ostfriesen froh, als ihr Land 1866 wieder preußisch wurde und sich daraus tatsächlich umgehend ein Entwicklungsschub ergab.
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Situation 1866: Der Hafen von Emden hat in den letzten Jahrzehnten unter der Regierung Hannover einen Niedergang sondergleichen erlebt. Das Hafenbecken ist durch Schlickablagerungen  fast unpassierbar geworden. Die Versuche, durch die Entwässerungssiele Wasser aus dem ostfriesischen Umland , (vier von acht Krummhörner Sielen lagen im Emder Bereich ) zum Freispülen des Hafens einzusetzen hatten wenig Erfolg und führten außerdem zu Streitereien, da dadurch die Entwässerung nicht ordnungsgemäß stattfand. Bitterböse wird in einer Denkschrift vom April 1868 (zwei Jahre nach Übernahme Ostfrieslands durch Preußen) mit dem Königreich Hannover abgerechnet.
 

Zitat:
...Während der hannoversche Staat bald darauf nahe an 3 Millionen Thaler zur Erbauung des schönen Seehafens von Geestemünde (zusammen mit dem Nothafen von Bremen heute Bremerhaven; Einfügung der Red.) verfügbar zu machen wusste, hat die Stadt Emden auch diesmal die Baukosten so zu sagen allein tragen müssen.(gemeint waren die Maßnahmen zur Beseitigung der Schlickmassen aus dem Emder Hafen, die aber keine Besserung brachten; Einfügung der Red.)
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Als Lösung hatte man in dieser Denkschrift der preußischen Regierung den Vorschlag gemacht, einen Seehafen an günstiger Position, nämlich an der Knock, einzurichten. Der Emder Hafen sollte von dort mit einem Kanal, in dem sich kein Schlick ablagern  konnte, verbunden werden.
 

Unter preußischer Regierung wurde ab 1866 ein sich über viele Bereiche erstreckendes und aufeinander abgestimmtes Wirtschaftskonzept  umgesetzt.
Preußen hatte neben Ostfriesland/Niedersachsen auch Schleswig-Holstein, Hessen-Kassel (Kurhessen), Nassau, einen Teil Hessen-Darmstadts sowie die bislang freie Stadt Frankfurt am Main als Provinzen übernommen.  Zusammen mit den anderen bereits zu Preußen gehörenden Ländern war deshalb ein großangelegtes Wirtschafts- und Strukturprogramm möglich.

So bekam der Emder Hafen wieder die führende Rolle unter den Nordseehäfen. Eine Anbindung durch den Ems-Jade-Kanal zu dem neu geschaffenen Wilhelmshaven (dem größten preußischem Kriegshafen an der Nordsee) und eine Anbindung durch den Dortmund-Ems-Kanal ans Ruhrgebiet mit den dortigen Kohlevorkommen und der dort ansässigen Schwerindustrie gaben den Ausschlag. Überhaupt wurde unter der preußischen Regierung der Kanalbau verstärkt betrieben und war ein wichtiger Motor für die Wirtschaft insgesamt, da günstige Frachtwege die Industrie- und Handelsplätze miteinander verband. Die Kanäle waren die “Autobahnen” für den Schwerverkehr. In der Abbildung unten ist der bereits fertig gestellt Ems-Jade-Kanal eingezeichnet. Rot sind der Weser-Ems-Kanal, der Weser-Elbe-Kanal und der Ems-Weser-Elbe-Kanal (Mittellandkanal), die erst noch gebaut werden. Noch nicht eingezeichnet ist der Rest des Dortmund-Ems-Kanals und der “Kaiser-Wilhelm-Kanal” (Nord-Ostsee-Kanal). In der Karte ist auch zu sehen, dass das Eisenbahnnetz neben den Kanälen ein wichtiger Transportfaktor im überregionalen Warenverkehr darstellte. Alle wichtigen Häfen an Nord- und Ostsee sind in das großzügig angelegte Schienennetz eingebunden.

Kanalbau

Zusätzlicher Bedarf an gut funktionierenden Nord- und Ostseehäfen entstand mit der Gründung des Kaiserreichs 1871 und der damit durch die dtsch. Kaiser Wilhelm I + II einsetzenden Aufrüstung besonders zur See ( Kaiserliche Marine) und durch die Kolonialpolitik Deutschlands ab 1884 (sieben deutsche Kolonien).

Der Emder Hafen wurde zwischen 1881-1883 immer weiter ausgebaut und es entstand einer der wichtigste Umladehäfen von Frachtgut an der Nordsee von Hochseeschiffen auf Binnenschiffe und umgekehrt. Durch die weitere Fortentwicklung der Dampfschiffe, die immer größer wurden und somit auch mehr Tiefgang bekamen, war ein gutausgebauter Seehafen in strategischer günstiger Position oberstes Gebot. Und durch den Ausbau des Hafens wurden auch andere Bereiche der Schifffahrt wieder in Emden ansässig, so z.B. eine große Heringsfangflotte.  Der Emder Hafen wurde 1901 mit einem großem Festakt eingeweiht, obwohl er schon viele Jahre vorher wieder seetauglich war und entsprechend genutzt wurde.

Damit der Emder Hafen und auch die gesamte Nord- und Ostsee auch in der Nacht für den Seeverkehr sicher waren, unternahm die preußische Regierung große Anstrengungen, eine lückenlose Befeuerung der Küste von Emden/Borkum an der Nordsee bis nach Ostpreußen an der Ostsee durchzuführen. England, Frankreich, Holland und auch Dänemark waren zu Beginn der preußischen Aktivität 1866 mit ihren Seezeichen führend und der deutschen weit überlegen. Da jeder Nordseeanlieger (Königreich Hannover, Fürstentum Oldenburg, Hansestadt Bremen, Hansestadt Hamburg) seine  Eigenständigkeit wahrte, gab es an der deutschen Nordseeküste keine einheitlichen Seezeichen und auch die Leuchtturmfeuer ließen sich nicht eindeutig unterscheiden, da sie keine typische Kennung hatten und es dadurch immer wieder zu Schiffunglücken kam. So wurde 1876 dem Reichstag der Vorschlag gemacht, die Betonnung zu Vereinheitlichen und zusätzliche Baken, Leuchttürme und Feuerschiffe an der Nord- und Ostsee einzurichten.  Es wurde insgesamt 48 Zeichen als notwendig erachtet, davon alleine neun in der Nordsee:
Eine Bake bei Hörnum,
ein Leuchtturm auf Amrum,
eine Bakentonne beim Wester Till,
auf der Weser ein Feuerschiff,
zwei Baken bei Langeoog,
ein Leuchtturm auf Norderney,
ein Leuchtturm auf Borkum
und ein Feuerschiff für Borkum-Riff

Außerdem wurden mit den deutschen und ausländischen Küstenländern und Nachbarn, die nicht zu Preußen gehörten Verträge und Vereinbarungen getroffen, um die Vereinheitlichung der Seezeichen zu gewähren und die Sicherheit des Seeverkehrs zu erhöhen.


Im Rahmen dieser Gesamtbemühungen war auch eine Beleuchtung der Unter-Ems vorgesehen, um so auch bei Nacht einen sicheren Pilsumer Leuchtturm 001mWeg von See nach Emden und umgekehrt zu finden.
So wurde am 1. März 1883 „auf der Conferenz zu Emden“ durch die Königlich Preußischen und Königlich Niederländischen Kommissare ein geplantes Leitfeuer-System für die Unter-Ems festgesetzt, „ welches wahrscheinlich demnächst den Kammern in Preußen und im Königreich der Niederlande zur Genehmigung vorgelegt werden“.

Hierzu gibt es die Broschüre: „Karte der Unter-Ems von hoher See bis Papenburg mit Darstellung und Beschreibung des neuen Beleuchtungsplans für die Unter-Ems“, in der der holländische Text der Vereinbarung wörtlich übersetzt abgedruckt ist.

 Die Preußische Regierung unterbreitete allerdings erst im Jahre 1887 dem Abgeordnetenhaus ein Projekt zur „Beleuchtung der Unterems“, das auch die Zustimmung bekam.

Damit war der Weg frei für den Bau der entsprechenden Leit- und Querfeuer, zu denen auch der Pilsumer Leuchtturm gehörte.